Ein Bericht aus der Praxis: Mittelständisches Entsorgungsunternehmen

Ein Bericht aus der Praxis: Mittelständisches Entsorgungsunternehmen

Benjamin Mudlack

Artikel

vom

25.8.21

Im Bereich der Entsorgungswirtschaft lässt sich die enorme Aktivität der Lobbyarbeit der großen Entsorgungsunternehmen beobachten. Als zentrales Beispiel ist die Novellierung der Gewerbeabfallverordnung anzuführen. Um die Novelle umzusetzen sind spezielle Sortieranlagen von Nöten. Diese Anlagen sind flächendeckend jedoch noch nicht vorhanden.

Ein familiengeführtes mittelständisches Unternehmen plante, um den Fortbestand des Betriebes für die nächste Generation zu sichern, den Bau einer Anlage. Die Investitionskosten lagen für die geplante Tonnage bei ca. 12 Mio. Euro. Um eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BimSchG) zu erhalten bzw. die Umweltauflagen zu erfüllen, würden weitere 12 Mio. Euro Kosten anfallen. Das Beispiel macht deutlich, dass sich eine derartige Anlage erst rechnet, wenn aufgrund einer höheren Tonnage Skaleneffekte zu Buche schlagen. Für ein Unternehmen dieser Größenordnung ein nicht zu stemmendes Unterfangen. Der mittelständische Betrieb wurde in der Folge an ein überregional und zentralistisch geführtes Unternehmen verkauft. Die Wettbewerbssituation in der Region wurde unterminiert und die Machtposition des großen Unternehmens weiter gestärkt.

Derartige Effekte werden zusätzlich und selbstredend von unserem Geldsystem und der Zinsentwicklung der letzten 30 Jahre begünstigt. Die Akquisitionen werden in den seltensten Fällen aus dem freien Cashflow getätigt. Je niedriger das Zinsniveau, desto größer der Anreiz Zukäufe zu tätigen. Je nach Profitabilität des übernommenen Unternehmens ergibt sich für das akquirierende Unternehmen ein schönes Zinsdifferenzgeschäft.

Entwicklung der Arbeitsproduktivität in Deutschland
Quelle: Geld-Zeitenwende (Lichtschlag Buchverlag 2021) - Daten vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung

Aus dem täglichen Geschäftsbetrieb können wir berichten, dass sich die großen Betriebe nicht durch übermäßige Effizienz auszeichnen. Extrapoliert man die beschriebenen Vorgänge in andere Wirtschaftsbereiche, so wird eine Abnahme der Arbeitsproduktivität bezogen auf die gesamte Volkswirtschaft deutlich, was sich auch in Zahlen belegen lässt (siehe Grafik aus dem Buch Geld-Zeitenwende).

Es ist offensichtlich, die Effizienz „der kleinen Einheiten“ und im Besonderen die Effizienz von inhabergeführten Unternehmen. „Die Managerkaste und die damit verbundenen Fehlanreize in Folge einer kurzfristig angelegten und „boni-orientierten Geschäftsausrichtung“ stellen ein gravierendes Problem dar. Eigentum, Kontrolle und vor allem Haftung sollten in einer Hand liegen.

Auch die Genehmigungslage für Recyclingplätze spielt gegen die mittelständischen Unternehmen. Änderungs- oder Erweiterungswünsche werden wie Neuanträge behandelt. Das Antragsverfahren kann schon mal fünf Jahre in Anspruch nehmen und die Auflagen und damit verbundenen Kosten gefährden die Profitabilität des gesamten Unternehmens. Die Bürokratie trägt somit indirekt zur Umweltverschmutzung bei.

Unter dem Deckmantel des Umweltschutzes läuft seit vielen Jahren ein Verdrängungskampf gegen die kleinen und mittelständischen Unternehmen. Zertifizierungen oder andere Auflagen erhöhen schleichend die Stückkosten. Die gestiegenen Kosten lassen sich nicht eins zu eins an die Kunden weitergeben. Insofern hat man ohne Skaleneffekte keine Chance am Markt zu bestehen. Wie in der Landwirtschaft lautet das Motto „wachsen oder weichen“!

Viele Unternehmer geben entnervt und entmutigt auf und der Wettbewerb in der Branche ist de facto nicht mehr vorhanden. Zudem ist die Abhängigkeit von den bekannten Platzhirschen, um die Entsorgungswege sicherzustellen, enorm. Kunden werden nicht mehr wie Kunden behandelt, sondern wie Bittsteller. In einer Marktwirtschaft ein untragbarer und sich ausschließender Zustand.

Zusammenfassend lässt sich folgendes konstatieren:

Gerade die Entsorgungswirtschaft hat durch die gezielte Lobbyarbeit forcierte und den Gesetzgeber umgesetzte Einflussnahme zu einer Überregulierung geführt. Böse Zungen wenden ein, dass Mittelständische Unternehmen aufgrund mangelnder Skaleneffekte aus dem Markt getrieben werden sollten. Planwirtschaftliche und oligopolistische Marktstrukturen sind die Folge, der Wettbewerb wird unterminiert und dem Konzernsozialismus wird gerade in diesem Bereich unserer Volkswirtschaft Vorschub geleistet. Die enge oligopolistische Marktstruktur erleben wir schon bei den Energieerzeuger (Vattenfall, RWE,E.ON und EnBW) mit der Folge, dass wir die höchsten Strompreise der Welt zahlen.

Ineffizient geführte Großunternehmen sind organisiert wie große bürokratische Einheiten. Durch den mangelnden Wettbewerb in einzelnen Entsorgungszweigen (z. B. im Bereich der sog. gefährlichen Abfälle) verspüren diese Unternehmen keinen Druck und bekommen durch ihre monopolartige Stellung Preise durchgesetzt, die noch vor Jahren undenkbar waren.

Am Ende der gesamten Kette trägt der Endverbraucher die Last und sieht sich immer weiter steigenden Entsorgungspreisen ausgesetzt. Der Zwang zu entsorgen ist jedoch größer als der Leidensdruck durch den Preis, irgendwann sind jedoch die Preise nicht mehr zu stemmen und die Folge sind (wie immer im Sozialismus) Umweltverschmutzungen durch „wilde Entsorgung“.

Dynamik, Innovation oder Produktivitätsfortschritte wird man von einem Monopolisten nicht sonderlich erwarten können. Diese Attribute erhalten wir nur durch positiven Wettbewerbsdruck. Ohne den breiten und gesunden Mittelstand erhalten wir Unternehmen der Sorte „too big to fail“. Das Gegenteil ist von Nöten. Gesunder Wettbewerb und eine durch den Mittelstand breitaufgestellte und somit diversifizierte Volkswirtschaft hat unser Land zu dem gemacht was es lange Jahre war.

Zum Autor: Benjamin Mudlack ist Unternehmer und Kapitalmarktexperte. Seine Leidenschaft für die Börse, Märkte und ökonomischen Zusammenhänge wurde in der Ausbildungszeit zum Bankkaufmann (1997) geweckt. Während des Studiums zum Dipl. Wirtschaftsinformatiker und auch danach autodidaktisch Ansätze für den Investmentbereich entwickelt und wirtschaftliche Zusammenhänge erforscht. Aufgewachsen in einer konservativ, liberal geprägten Unternehmerfamilie war der „freie Weg als Unternehmer“ vorgezeichnet. Kritischer Beobachter der fortschreitenden Bürokratisierung als Mittel um kleine/mittelständische Unternehmen aus dem Markt zu drängen. Zentrale Kritikpunkte von Benjamin Mudlack sind neben der mittelstandsfeindlichen Politik der Regierenden, das ungedeckte Geldsystem, die Tendenz zum Zentralismus, Lobbyismus/Oligarchie und die Dysfunktionalität der europäischen Gemeinschaftswährung.

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