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vom
8.6.20
In diesem Artikel möchten wir auf das Thema Geld eingehen und ausleuchten, warum Sie mit reinen Geldvermögen langfristig immer schlecht dastehen. Im ersten Teil erklären wir die Funktion des Geldes und was für Währungstypen es gibt. Im zweiten gehen wir konkret auf das aktuelle System ein und wohin wir uns bewegen. Zu guter Letzt werden wir aufgrund der beiden Teile unser Fazit ziehen.
Bitte beachten Sie, dass diese Thematik einer der dichtesten Informationsdschungel dieses Planeten ist. Wir wollen hiermit an der Oberfläche kratzen und Ihnen die Fakten verständlich erklären. Ein solcher Crashkurs sollte Pflichtstoff der schulischen Ausbildung sein. Sogar nur eine kleine Minderheit der Banker ist sich der hier erläuterten Thematik bewusst.
In erster Linie ist Geld ein universell akzeptiertes Tauschmittel. Die Alternative hierfür wäre die sogenannte “Barter Economy”: Sie müssen genau das in der richtigen Menge besitzen und aufgeben wollen, was der andere haben möchte. Nur so können Sie Ihre Bedürfnisse befriedigen. Dies ist natürlich so gut wie nie der Fall. Somit ist Geld ein Medium, das den Tauschhandel unendlich viel effizienter macht.
Auch die Preisfindung wird erheblich erleichtert, da sich Güter in einem einheitlichen Mass messen lassen. Stellen Sie sich vor, Sie tanken Ihren Wagen und weder Volumen noch Gewicht des bezogenen Treibstoffs sind ersichtlich - gegen was tauschen Sie dann die Tankfüllung? Wir betrachten so gut wie alles durch die Geldlinse. Dies kann den Blick verzerren. Seien Sie sich diesem Illusionspotential bewusst.
Um den Konsum nicht gleichzeitig mit der Produktion zu erzwingen, verfügt das Zahlungsmittel idealerweise über einen stabilen Wert. So können Sie heute etwas produzieren, tauschen und auch in zehn Jahren noch eine gleichwertige Dienstleistung dafür erwerben. Es dient also auch als Werterhaltungsmittel.
In der Vergangenheit wurden oft relativ rare Rohstoffe als Zahlungsmittel genutzt. Die Palette reicht von Steinrädern über Kaurimuscheln, Salz und Zigaretten bis hin zu den wohlbekannten Edelmetallen. Solche Währungen werden als “hart” bezeichnet, da diese tatsächlich etwas physisches sind. Offizielle Stücke, Münzen und Barren wurden zur Entwertung mit minderwertigen Metallen gestreckt.
Der zweite Währungstyp ist der Anspruch auf harte Währung. Dies sind Papierstücke, die das Eigentum sichergelagerten Rohstoffen bescheinigen und zu deren Bezug berechtigen. Beispielsweise berechtigten das britische Pfund und der US-Dollar lange Zeit zum Tausch gegen physisches Silber respektive Gold. Mit der Zeit wurden dann immer mehr Eigentums-bescheinigungen ausgegeben als effektiv Rohstoffe eingelagert waren. Dies baut Druck zu einer Entkoppelung auf.
Dann gibt es noch die Fiat Währung, welche aus dem Nichts geschöpftes Geld darstellt. Solche werden meist von einer zentralen Regierungsstelle emittiert. Dieses Konzept wird oft missverstanden, da es weder einfach bedrucktes Papiergeld noch manuell oder digital eingefügte Zahlen ohne Anspruch auf irgendwas darstellt. Es ist vielmehr Geld aus sozialen Verpflichtungen und Versprechen (also Kredit). Diese Form von Geld war in der Vergangenheit viel verbreiteter als weitläufig angenommen. Doch mehr dazu im zweiten Teil.
Vorerst viel interessanter ist, dass sich hier in der Geschichte offenbar ein Zyklus abbildet: Länder und Hochkulturen starteten stets mit harten Währungen, die mit der Zeit auf Ansprüche dieser reduziert wurde. Dahinter versteckt sich auch keine Verschwörungstheorie. Es war ganz einfach praktischer. Mit dem Niedergang der Gesellschaft wurden diese jeweils sehr anfällig auf Zugriffe und entkoppelt. Sprich die Besitzer wurden enteignet, oft um Kriege zu finanzieren oder Regierungsschulden zu begleichen. Die so entstandenen Fiat Währungen überlebten nie lange. Nach Reformen wurden neue (harte) Währungen lanciert.
Es kommt dem altbekannten “Jubilee” gleich. Also dem Jahr des Schuldenerlasses - mit dem Unterschied, dass dieses heute nie im Vorhinein definiert ist und der Zyklus anstelle von 50 nun eher 100 Jahre dauert.
Der Wertzerfall erfolgt folglich auch nicht in linearen 2% per annum, sondern in Schüben. Ob dies durch mutwillige Zugriffe stärkerer Parteien oder Zahlungsausfälle in einem Fiat-System passiert, spielt dabei vordergründig keine Rolle.
Währungen waren nie über lange Zeit hinweg stabil und kollabierten bisher stets. Wenn Sie mehr Barmittel liquide halten als Sie langfristig brauchen werden, fahren Sie das fast sichere Risiko, Einbussen Ihrer erwirtschafteten Kaufkraft hinnehmen zu müssen. Manchmal schleichend, aber immer schlagartig.
Das heutige Geld ist nichts anderes als ein Zahlungsversprechen. John Pierpont Morgan sagte einst, dass Gold Geld und alles andere Kredit sei. Das Zitat ist bekannt. Doch nur die wenigsten sind sich der Tragweite bewusst. Ist es nicht so, dass die Zentralbanken mit ihrem Monopol auf die Staatswährungen einfach Geldnoten drucken und in den Umlauf geben können? Grundsätzlich können Sie dies, tun es aber nicht. So wäre alles Basisgeld Helikoptergeld. Die Zentralbanken weisen einen Gewinn für die Banknoten Kreation aus. In der Schweiz zum Beispiel lässt die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihre Noten für ein paar Rappen von der Firma Orell Füssli drucken. Die Banken können diese gegen Zentralbankgeld (Reserven, mehr dazu weiter unten) oder Staatsanleihen beziehen. Der Preis dafür ist der auf die Note gedruckte Betrag. Die Differenz zwischen Kaufpreis und Herstellungskosten ist der Gewinn der SNB. Dies gilt auch für das durch die Zentralbank aus dem Nichts kreierte elektronische Buchgeld. Das heisst also: Kreiert die Zentralbank frisches Geld, so gelangt dieses nur gegen Staats- (und teilweise andere) Schulden in den Umlauf. Somit müssen wir an dieser Stelle auch nicht weiter auf Quantitative Easing (QE) eingehen. Denken Sie darüber nach. Es handelt sich um Geldschöpfung. Diese fliesst in die Finanzmärkte und erhöht die Zentralbankreserven der Geschäftsbanken. Punkt.
Geld basiert also auf Schulden. Früher wurden Beziehungen auf zwei Kerbhölzern (Guthaben und Schuld), sogenannten Exchequer Tallies, vermerkt. Ein Paar konnte aufgrund der inhärenten Holzstruktur immer einander zugewiesen und nicht gefälscht werden. Diese Tallies wurden in England zur Begleichung von Steuerschulden akzeptiert und die Leute begannen, diese untereinander gegen Güter zu tauschen. Ähnliches konnte später bei Bankschecks beobachtet werden. Es ist dieselbe Dynamik wie oben beim Währungstyp des verbrieften Goldes. Mit dem Unterschied, dass dem nun ein reines Zahlungsversprechen und kein Wertobjekt zugrunde lag. Historisch gesehen, waren solche Währungen gar nicht mal so selten wie angenommen. England vernichtete beispielsweise mehrere Jahrhunderte seiner Geldgeschichte und wir sind heute der Ansicht, dass alle früheren Zahlungsmittel aus Rohstoffen bestanden. Dies ist nicht korrekt.
Die heutige Terminologie um das Geld ist enorm verwirrend. Wie sieht es mit Giroguthaben aus und wie agieren Banken? So viel vorneweg: Deponieren Sie Geld in einer Bank, ist es nicht mehr Ihres. Die Bank hat einen Kredit bei Ihnen aufgenommen und vermerkt dies in ihren Büchern. Sie kann mit dem Geld tun und lassen was sie will. Es wird weder in einen Tresor weggesperrt noch als weiteren Kredit vergeben. Vergibt die Bank Kredite oder zahlt sie Mitarbeiterlöhne auf die bankinternen Konti, so werden diese im klassischen T-Account unter die Passiva hinzugefügt (auf der Aktivseite steht dann entweder der Aufwand oder der Kreditvertrag als Vermögenswert). Die Bilanz wächst also mit jeder Kreditvergabe - genau wie Geldmenge. Die “Deposits” in der Bankbilanz sind also keine Einlagen, sondern ein virtuelles Kreditguthaben, das gegen dasselbe Buchgeld, oder gegen Bargeld zurückgezahlt werden kann. Tätigen Sie also eine Banküberweisung, dann bezahlen Sie mit diesem Giralgeld, das eigentlich weder Bar- noch Zentralbankgeld, sondern lediglich ein Anspruch darauf ist. Die heutigen FinTechs gehen noch einen Schritt weiter und erklären in ihren AGB unmissverständlich, dass es sich bei Ihrem Guthaben um “eMoney” handelt. Dieses kann in Giral- oder Bargeld getauscht werden, ist aber weder das eine noch das andere und ist im Endeffekt ebenfalls ein Kredit an das FinTech-Unternehmen.
Die Bank muss gesetzliche Reserven halten, dies ist korrekt. Die Reserven können in Form von Bargeld, Zentralbankgeld (digitales Geld von der Zentralbank geschöpft, wenn diese einen Kredit an eine Bank vergibt) oder von der Zentralbank als Sicherheiten akzeptierte Wertschriften (z.B. Staatsanleihen) sein. Somit kann eine Bank nicht beliebig viel Geld schöpfen. Zieht ein Kunde nämlich Guthaben (also Verbindlichkeiten aus Bankensicht) über eine Transaktion von seiner Bank ab, fliesst es zu einer anderen Bank. Diese möchte natürlich die entsprechenden Reserven dafür. Die Beträge werden täglich auf den Reservekonten der einzelnen Banken bei der Zentralbank aggregiert ausgeglichen. Dies nennt sich “Clearing”. Eröffnen Sie also eine kleine Bank mit 100’000 Euro Reservekapital und schöpfen bei einem Reserve Ratio von 10% knapp eine Million Euro Buchgeld, verfügen Sie über keine Reserven mehr sobald das Geld auf, sagen wir, das HSBC Konto Ihres Bauunternehmers fliesst. Denn dann fliessen Ihre Reserven auf das Reservekonto der HSBC. Hat der Bauunternehmer aber sein Konto ebenfalls bei Ihrer Bank, spielt dies keine Rolle.
Mit den ganzen Quantitative Easings wurden die Banken de facto refinanziert und verfügen heute über verhältnismässig grosse Reserven. Es könnten viel mehr Kredite vergeben werden als dies mit den aktuell schon laschen Guidelines passiert. Denn die Banken geraten bei Zahlungsausfällen rapide in Schieflage. Umso überraschender sind die noch immer sehr tiefen Rückstellungen für solche “Non-Performing Loans”. Doch dies ist ein anderes Thema.
Wo fliesst das Geld denn hin wenn die Bank heute einen Kredit vergibt? Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten: In den Konsum (BIP-relevant, inflationär), in die Produktion (BIP-relevant, nicht inflationär wenn es sinnvoll eingesetzt wird) oder in den Finanzsektor (nicht BIP-relevant, Vermögenspreisinflation). Für Konsum- und produktive Kredite ist es tendenziell aufwändiger, Kollateral aufzutreiben, weshalb es für die Banken einfacher ist, Hypothekar- oder Wertpapierkredite zu geben. Die neuen Schuldner treiben die Asset Preise in den Himmel, hebeln sich stärker und wundern sich, wenn das Kartenhaus nach ersten Zahlungsausfällen durch Fehlallokationen in sich zusammenfällt. Dieser Kollaps ist stark deflationär, da die Geldmenge implodiert.
Ein weiterer, entscheidender Punkt in einem solchen System ist die Tatsache, dass der Zins (sollte dieser denn positiv sein) nicht in der Geldmenge enthalten ist. Es sind sowohl Pleiten als auch Geldmengenwachstum vorprogrammiert und ein inhärenter Teil dieses Systems. Wählt man ein solches System, sollte man sich eigentlich weder über das eine noch über das andere beklagen dürfen. Sie können sich das so vorstellen: Ihre Kinder rennen um einen Kreis von Stühlen. Solange die Musik spielt, haben alle ihren Spass. Hört diese auf, setzen sich alle - ausser eines. Dieses findet es dann nicht mehr so lustig, da es draussen ist. Die Alternative ist, die Musik einfach weiterlaufen zu lassen und ständig mehr Stühle (und Kinder) zu involvieren. Dies passiert aktuell. Denn das System als solches wäre super: Es heizt den Wettbewerb an und jeder gibt sein bestes um zu gewinnen. Es ist ein höchst effektives System, setzt aber Kollateralschäden voraus. Denn wird die Pleite ausgehebelt, prügeln sich die Kinder um den Platz vor dem Stuhl um sogleich absitzen zu können anstelle im Kreis zu rennen. Analog dazu schwindet das Produktivitäts-wachstum dahin sobald man diesen Motor der Welt abstellt. Bis dato gibt es kein System, welches unter dem Strich mehr Wohlstand schafft.
Boom, Bust und täglich grüsst das Murmeltier. QE amplifiziert dieses Muster nur. Es ist wie wenn Sie Ihre Krankheitssymptome mit dem Auslöser zu bekämpfen versuchen. Geld ist Kredit und dessen Menge muss ständig ausgeweitet werden. Das neu geschöpfte Geld wird aber nicht produktiv verwertet, sondern zur Spekulation missbraucht. Dies resultiert darin, dass die Produktivität nicht zunimmt und die Zinsen nicht erwirtschaftet werden. Die Zentralbank senkt also die Zinsen und druckt noch mehr Geld, das erneut nicht produktiv verwendet wird. Es handelt sich um einen klassischen Teufelskreis und muss zwangsläufig zu Deleveragings und Währungsreformen führen.
Seien Sie sich bewusst, was Geld ist und wozu es dient. Schauen Sie sich nicht ständig alles durch die Linse “Geld” an, sondern erwägen auch mal den Geldwert dadurch, was es Ihnen kaufen kann - und zwar über lange Zeit. Bargeld ist nur in Krisenzeiten und für den kurzfristigen Zahlungsverkehr geeignet, dafür sollten Sie immer genug disponibel haben. Darüber hinaus gilt: Cash is Trash. Diversifizieren Sie geografisch und vor allem in Realwerte. Achten Sie darauf, dass Sie nicht ausschliesslich immobile Sachwerte besitzen, sondern auch mobile. Immobilien gehören zu beliebten Steuerzielen für unter Druck stehende Staaten - genau weil diese nicht bewegt werden können.
Dieser Artikel erläutert die Thematik nur oberflächlich. Es soll die Rahmenbedingungen ausleuchten und Ihnen somit den Weg zum eigenen Research in die Thematik ebnen. Denn es gibt viel widersprüchliche Informationen da draussen.
Wir empfehlen die Werke von Ray Dalio (How the Economic Machine Works, Navigating Big Debt Crises und The Changing World Order) sowie Where Does Money Come From von Prof. Richard Werner.
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